Archivschätze: Universitätsarchiv Paderborn

Das Universitätsarchiv Paderborn wird im Oktober 1989 von Professoren gegründet und geleitet. Seit 2009 ist das Archiv organisatorisch eingebunden in die Universitätsbibliothek Paderborn und steht seit 2010 unter fachlicher Leitung. Das Universitätsarchiv berät die Einrichtungen der Universität bei der Sicherung ihrer Unterlagen im Hinblick auf die spätere Archivierung, beteiligt sich an der wissenschaftlichen Auswertung des Archivguts und wirkt an der Erforschung sowie der Vermittlung der Universitätsgeschichte mit. Das Archiv trägt somit dazu bei, das historische Profil der Universität nach außen im Rahmen des Hochschulmarketings und nach innen im Sinne einer corporate identity zu schärfen. Im Ergebnis finden sich Informationen zum Computerpionier Heinz Nixdorf und seine Beziehungen zur Universität Paderborn, eine Chronik zur Entwicklung des Campus anlässlich des 40-jährigen Universitätsjubiläums sowie eine Auswahlbibliographie zur Geschichte der Universität Paderborn.

Die Schätze


Das Forschungs- und Entwicklungszentrum für objektivierte Lehr- und Lernverfahren (FEoLL)

Als eine Art Vorgängerinstitut der Hochschule ist das Forschungs- und Entwicklungszentrum für objektivierte Lehr- und Lernverfahren, kurz FEoLL, zu nennen. An der Gründung des FEoLL hat der Paderborner Computerpionier Heinz Nixdorf großes Interesse und auch wesentlichen Anteil. Am 17. November 1970 wird es in der Rechtsform einer gemeinnützigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Paderborn gegründet. Im April 1971 nimmt das Zentrum mit seinen drei Instituten die Arbeit auf. Dem „Institut für Pädagogische Kybernetik und Bildungstechnologie“ steht Prof. Dr. Helmar Frank vor, das „Institut für Bildungsinformatik“ leitet Prof. Dr. Miloš Lánský und das „Institut für Unterrichtswissenschaft“ baut Prof. Dr. Walter Schöler auf. Im Gründungsjahr arbeiten im FEoLL einschließlich der Professoren und des FEoLL-Geschäftsführers Ministerialrat Kurt Seelmann weitere 36 Personen, die sich mit dem Einsatz von Rechnern, Sprachlaboren und anderen technischen Unterrichtsmedien beschäftigen. Das Forschungszentrum verteilt sich auf verschiedene Häuser (Rathenaustraße 69 bis 71, Kircherweg 5, Riemekestraße 62, Bahnhofstr. 32), ehe es 1974 im Allgemeinen Verfügungszentrums (AVZ), dem ersten neuen Hochschulgebäude, Räumlichkeiten erhält.

Schon 1976 ist das Zentrum um weitere Institute und zwei Projektgruppen angewachsen: das „Institut für Bildungs-Betriebslehre“ wird geführt von PDoz. Dr. Gerhard E. Ortner, das „Institut für Mediensoziologie“ von Prof. Dr. Ulrich Lohmar und das „Institut für Medienverbund sowie das Institut für Unterrichtswissenschaft“ von Prof. Dr. Gerhard Tulodziecki. Die Zentrumsprojektgruppen „Medienlehrer – Medieneinsatz und -evaluation“ und „DV im Bildungswesen“ sind zu diesem Zeitpunkt gleichfalls Arbeitsbereiche des FEoLL.

Trotz der zukunftsweisenden Themenstellung und der erkennbaren Produktivität, die sich in zahlreichen Veröffentlichungen niederschlägt, verliert das Zentrum seine politische und wissenschaftliche Unterstützung. Das „Institut für Wissenschafts- und Planungstheorie“, seit 1973 von Prof. Dr. Herbert Stachowiak geleitet, wird bereits 1978 in die Gesamthochschule Paderborn eingegliedert. Vollständig aufgelöst wird das Forschungs- und Entwicklungszentrum (FEoLL) Ende 1983 und das Personal verschiedenen Fachbereichen der inzwischen so genannten Universität-Gesamthochschule zugeordnet.

Imagefilm des FEoLL, ca. 1980

Zur Gründungs- und Baugeschichte der Gesamthochschule Paderborn

Zum 1. August 1972 werden in NRW fünf Gesamthochschulen in Paderborn, Siegen, Wuppertal, Duisburg und Essen per Gesetz gegründet. Diese neuen Einrichtungen sind Bestandteil des Ausbaus und der Neuordnung des Hochschulwesens in Nordrhein-Westfalen, mit dem das Land auf den schon in den 1960er-Jahren konstatierten Bildungsnotstand reagiert. Etwa 10 Wochen später, am 11. Oktober 1972, ist in Paderborn offizieller Baubeginn zur Errichtung des 1. Gebäudes auf dem neu zu errichtenden Campus. Für den ersten Spatenstich steuert NRW-Finanzminister Hans Wertz eine Planierraupe.

Filmsequenz zum ersten Spatenstich und Aufstellung des Baustellenschilds für das AVZ, 11. Oktober 1972

Nur fünfzehn Monate später wird am 8. Januar 1974 das Allgemeine Verfügungszentrum (AVZ), ab 1977 als Gebäude N bezeichnet, seiner Nutzung übergeben. Zu diesem Anlass übergibt Oberbaudirektor Dirksmeier aus Münster einen übergroßen silberfarbenen Holzschlüssel.

Daran befindet sich in den Farben der Stadt Paderborn ein gelb-rotes Band.

Nach Fertigstellung des Allgemeinen Verfügungszentrums (AVZ) entsteht zwischen der Warburger Straße, dem Südring und dem Pohlweg eine gigantische Großbaustelle. Felsgestein wird abgetragen, das Gelände aufbereitet und geebnet. Am 15. Juli 1974 werden die ersten Einzelfundamente für den zentralen Gebäudekomplex betoniert. Die senk- und waagerechten Bauelemente werden aus Beton gegossen, anschließend die einzelnen Bauteile mit 14 Großkränen stapelweise eingesetzt. Sechs Hochbauten mit bis zu neun Etagen werden mit achteckigen Erschließungskernen verbunden, in denen Treppen, Haustechnik und Sanitäranlagen installiert werden. Am 25. April 1975 wird Richtfest, zwei Jahre später, am 11. Mai 1977, die Übergabe der Gebäude an die Hochschule gefeiert. Aus diesem Anlass übergibt Ministerialdirigent Fridolin Hallauer dem Gründungsrektor Prof. Dr. Friedrich Buttler symbolisch einen überdimensionalen goldfarbenen Holzschlüssel, an den ein Band in den Farben des Landes gebunden ist. Der Schlüsselbart besteht aus den Buchstaben ZPL, die Abkürzung für „Zentrale zur Planung und Rationalisierung von Landesbauten Nordrhein-Westfalen“. Die ZPL ist zum 1. November 1972 gegründet worden, um mit der industriellen Fertigbauweise an allen Standorten den Bau der fünf gleichzeitig gegründeten Gesamthochschulen umzusetzen.

Offizielle Übergabe der Hochschulgebäude an der Warburger Straße 100 an die Hochschulleitung (v. l. Prof. Dr. Friedrich Buttler mit Schlüssel; rechts daneben Fridolin Hallauer). Auf dem Schlüssel steht das Datum der Eröffnung: „Paderborn 11.5.1977“.
Foto: Universitätsarchiv Paderborn/Wolfgang Stüken (9900_030_0833_001)
Blick in den sehr männlich besetzten Hörsaal der Festveranstaltung, 11.5.1977.
Foto: Universitätsarchiv Paderborn/Wolfgang Stüken (9900_030_0833_003)

Fake im Bautenbericht Paderborn

Kurze Zeit nach der Gründung der Hochschule, als die Baumaßnahmen durchstarten sollten, verschlechtert sich weltweit die Konjunktur. Im Herbst 1973 kommt es zur Ölkrise, der eine Inflation folgt und die die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland deutlich beeinträchtigt. Der Hochschulausbau in Nordrhein-Westfalen gerät ins Stocken und wird nicht wie geplant umgesetzt. Der Bautenbericht Paderborn, ein großes Faltblatt zur Dokumentation des Bauvorhabens, zeigt den Campus mit den fertiggestellten Gebäuden und, mit einem Rahmen kenntlich gemacht, zukünftige Erweiterungsmöglichkeiten. Jedoch ist wegen eines 1976 vom Land verordneten Baustopps die Halle für Ingenieurwissenschaften (IW) – entgegen der Zeichnung im Lageplan – noch nicht errichtet. Die Fertigstellung der Halle verzögert sich bis zum Wintersemester 1980/81. Erst dann können dort die ersten Übungen für Studierende der Maschinentechnik stattfinden.

Auch die Bauarbeiten zu den Sportanlagen, an denen sich die Stadt Paderborn finanziell beteiligt, beginnen erst am 14. August 1980 mit dem ersten Spatenstich. Anfang Juli 1982 werden die Anlagen eröffnet. Die geplante Fläche der zweiten Baustufe wird 1977 für alle Gesamthochschulen zunächst halbiert, im Jahr 1982 ganz gestrichen. Das Bauvorhaben der Gesamthochschule Paderborn wird insgesamt um 35 Prozent reduziert, obwohl deutlich mehr Studierende eingeschrieben sind, als in Planungen erwartet.

Gedenkmünzen der Stadtsparkasse Paderborn zur Hochschulgründung

Anlässlich der Gründung der Gesamthochschule prägt die Stadtsparkasse Gedenkmünzen in Gold und in Silber, im Universitätsarchiv sind Ausgaben in Silber überliefert.

Die Münzen tragen den Schriftzug „Gründung der Universität als Gesamthochschule 1972″, darüber befindet sich die Silhouette der Hochschulgebäude, die mit der Aufschrift „Hochschulstadt Paderborn“ umrandet ist. Auf die Rückseite der Münzen ist das Siegel der Jesuitenuniversität Paderborn mit dem Schriftzug „Sigillum almae Universitatis Theodorianae Paderbornensis“ geprägt. Diese Universität wird 1614, als erste in Westfalen, von Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg in den Räumen des Gymnasiums Theodorianum mit einer philosophischen und einer theologischen Fakultät gegründet. Mit der Säkularisation verliert die Universität ihre akademischen Rechte, bleibt jedoch als katholische Lehranstalt bzw. Akademie erhalten. Erst 1966 erhält sie als „Theologische Fakultät“ die verlorenen akademischen Rechte zurück und wird auch staatlich anerkannt. Mit dem Zitat des Siegels auf der Gedenkmünze soll an die langjährige Universitätstradition in der Stadt Paderborn erinnert werden.

Der Chemiker Horst Stegemeyer über die Zeit bis 1977

In den ersten Jahren der Hochschule sind viel Improvisationsvermögen und Gelassenheit erforderlich. Der Campus befindet sich noch im Aufbau, begleitet von den engen Grenzen der landesweiten Sparmaßnahmen. Wie sich diese nicht ganz einfachen Jahre bis zur Einweihung der Hochschulgebäude gestalten, berichtet der Emeritus für Chemie, Prof. Dr. Horst Stegemeyer (1931-2023) in seinen Erinnerungen von 2012 mit dem Titel „Die Gründung der Universität als Gesamthochschule“.

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Auf der Suche nach dem Logo – Geschichte des Hochschulsignets

Anfang 1976 beschäftigen sich die Hochschulangehörigen mit der Gestaltung eines künftigen Siegels. Studierende haben das Motiv mit den drei Hasen in Vorschlag gebracht.

Damit wird das Drei-Hasen-Fenster im spätgotischen Kreuzgang des Paderborner Doms aufgegriffen, ein bekanntes Markenzeichen der Stadt Paderborn. Daneben wird ein zweites Motiv entworfen, das die stilisierte Silhouette des Paderborner Rathaus mit vier Eulen zeigt.

Beide Logos dokumentieren die enge Verbundenheit mit der Stadt Paderborn. Doch das Gründungsrektorat entscheidet sich am 23. Juni 1976 gegen beide Entwürfe. Die Rektoratsmitglieder präferieren ein Logo, das die Hochschulgebäude aufgreift. Das Thema wird aber zunächst nicht weiterverfolgt.

Erst am 10. Mai 1984 beauftragt das Rektorat Coordt von Mannstein, Professor für Visuelle Kommunikation an der Universität-Gesamthochschule Essen, mit der Gestaltung eines Emblems. Mannstein hat bereits Embleme für die Hochschulen Essen und Duisburg entworfen. Im Folgenden erarbeitet der Designprofessor mit seinen Studierenden an die 30 Entwürfe, aus denen die Dekane, die Abteilungssprecher von Höxter, Meschede und Soest, der Senat und der Konvent drei in die engere Wahl ziehen. Aus den drei Favoriten wählt das Rektorat am 8. März 1985 das heutige Logo der Hochschule aus.

Der Berater von Mannstein meint zwar, der erstplatzierte Entwurf wirke optisch etwas ‚krallig‘; der zweitplatzierte sei „hoffnungsvoller, brückenschlagend“, aber diese Bedenken ändern nichts mehr an der Entscheidung. Noch heute wird von dem Logo der Hochschule als „Kralle“ gesprochen. Vermutlich hat sich die Beschreibung von Prof. von Mannstein tradiert. In der „Hausmitteilung“ vom 6. September 1985, dem damaligen internen Informationsblatt der Paderborner Hochschule, wird das neue Markenzeichen vorgestellt. Es verweist mit seinen sich in einem Punkt vereinigenden vier Säulen auf die drei Fachhochschulabteilungen Höxter, Meschede und Soest sowie den Standort Paderborn.

Logo, 1993

Doch trotz des neuen Logos bleibt die Beliebtheit des Drei-Hasen-Motivs bestehen und findet sich weiterhin in vornehmlich studentischen Veröffentlichungen. So auch auf dem Flugblatt von 1992, das das Hasenmotiv ironisch aufgreift.

Obgleich die Universität Paderborn sich seit 2002 von den Abteilungen getrennt hat, ist das Logo – nur leicht verändert – nach wie vor gültig.


Der Zettelkasten des Gründungsrektors Broder Carstensen

Der Anglist Prof. Dr. Broder Carstensen (1926-1992) hat in Kiel, Marburg, Hamburg und Mainz gelehrt, ehe er 1972 als Professor und Gründungsrektor an die neu gegründete Hochschule nach Paderborn berufen wird. Bundesweit bekannt wird Carstensen als Professor für englische Sprache vor allem durch seine informativen und geistreichen Vorträge zum „Wort des Jahres“. „Worte des Jahres“ sind: aufmüpfig (1971), Szene (1977), konspirative Wohnung (1978) und Holocaust (1979), Rasterfahndung (1980), Nulllösung (1981), Ellenbogengesellschaft (1982) und Heißer Herbst (1983). Angeregt durch eigenes wissenschaftliches Interesse, später beauftragt von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), schreibt Carstensen über Worterfindungen, Slangbegriffe und Stilblüten als „Worte des Jahres“ und referiert darüber launig und gleichermaßen gelehrt vor einem immer größer werdenden Publikum. Auch im Fernsehen pariert er schlagfertig und humorvoll als Interpret zu Begriffen in ihren gesellschaftlichen Bezügen.

Porträt Broder Carstensen, 1982

Seit 1977 widmet sich Carstensen gemeinsam mit Ulrich Busse dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt, dem „Anglizismen-Wörterbuch“, das internationale Aufmerksamkeit erhält. Dafür sucht, findet und notiert er aus Journalen, Tageszeitungen und Zeitschriften auffällige Mode- und Schlagwörter sowie Sprachschöpfungen auf kleinen Karteikärtchen und legt sie alphabetisch ab. Der umfangreiche Zettelkasten erweitert sich bald auf zwei große Karteischränke mit insgesamt 84 Holzschubladen und mehr als 100.000 Belegen. Dieser Zettel- bzw. Karteikasten dokumentiert, wie sehr der Zeitgeist Worte prägt und ihm damit wiederum seinen eigenen Ausdruck verleiht. Inzwischen sind viele Anglizismen Teil des deutschen Sprachschatzes: Job, Trend, joggen, recyclen, Team, Piercing und viele mehr. Als Broder Carstensen Anfang 1992, nur sechs Monate nach seiner Emeritierung stirbt, wird das begonnene Standardwerk von Ulrich Busse, Regina Schmude und Claus Gnutzmann weitergeführt. Obgleich die Zahl der Anglizismen in dieser Zeit nahezu explosionsartig wächst, kann das Wörterbuch der Anglizismen von 1993 bis 1996 in drei Bänden veröffentlicht werden.

Wissenschaftlicher Apparat in Karteikästen

Heute ist der Zettelkasten ein Relikt und Exponat einer längst vergangenen Ära des wissenschaftlichen Arbeitens. Die Karteischränke stehen als Museumsstücke im Magazin des Universitätsarchivs und verdeutlichen, welchen Raum Forschungen in der Vorzeit der Computerära Forschung erfordert hat. Gegenwärtig würden all die notierten Wörter auf einen wenige Zentimeter kleinen USB- (Universal Serial Bus) Stick passen.

Karteikasten Nahaufnahme

Der Nachlass der jüdischen Schriftstellerin Jenny Aloni (7.9.1917 bis 30.9.1993)

Ohne das Engagement von zwei Literaturprofessoren der Universität Paderborn wäre der Nachlass der in Paderborn gebürtigen und nach Palästina emigrierten Schriftstellerin Jenny Aloni wohl kaum gesichert und ihr Gesamtwerk nicht bekannt geworden. Vielleicht wären die Schriften sogar verloren gegangen. Der Nachlass der Schriftstellerin Jenny Aloni, geb. Rosenbaum, ist heute eine sehr besondere Überlieferung im Universitätsarchiv Paderborn.

In den 1960er-Jahren veröffentlicht die 1939 nach Palästina emigrierte Schriftstellerin in deutschen Verlagen neben Gedichten (1956) die Romane „Zypressen brechen nicht“ (1961) und „Der blühende Busch“ (1964) sowie die Erzählungen „Jenseits der Wüste“ (1963) und „Die silbernen Vögel“ (1967). Damit zählt Jenny Aloni in Deutschland als „bedeutsame Stimme Israels“. 1967 wird die damals 49-Jährige von ihrer Geburtsstadt Paderborn mit dem Kulturpreis ausgezeichnet.

Nachlass NL 800 Jenny Aloni

Die Paderborner Professoren Friedrich Kienecker (1920-1997) und sein jüngerer Kollege Hartmut Steinecke (1940-2020) geben 1987 ausgewählte Werke Alonis heraus. Damit erfährt die fast 70-Jährige eine neue, späte Anerkennung. Von 1990 bis 1997 erscheinen in zehn Bänden Jenny Alonis „gesammelte Werke in Einzelausgaben“. Als Editionswerkstatt gründet sich 1992 das so genannte Jenny-Aloni-Archiv am Paderborner Institut für Germanistik und vergleichende Literaturwissenschaft.

Als die „Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit“ 1989 die emigrierten und ehemals verfolgten Paderborner Juden einlädt, besucht Jenny Aloni das letzte Mal Paderborn. Sie stirbt am 30. September 1993 in Ganei Yehuda, Israel. Drei Jahre später schenkt ihr Mann Esra Aloni den gesamten schriftlichen Nachlass der Universität Paderborn. Er besteht aus Manuskripten der Romane, Erzählungen und Gedichte sowie aus den Tagebüchern, Briefen und Fotos. Ergänzt wird diese Sammlung durch Materialien der Mitarbeitenden des Jenny-Aloni-Archivs, die das Werk ediert und in zahlreichen Veranstaltungen bekannt gemacht haben. Neben der Werksedition erscheinen 1995, 2000 sowie 2012 drei Lesebücher mit ihren Texten, 2006 ihre von 1935 bis kurz vor ihrem Tod geführten Tagebücher und schließlich 2013 ihr Briefwechsel mit Heinrich Böll.

Briefwechsel Jenny Aloni – Heinrich Böll

In Erinnerung an ihren 100. Geburtstag erscheint unter dem Titel „Um zu erleben, was Geschichte ist, muss man Jude sein“ die Biographie Alonis, die Prof. Hartmut Steinecke detailgetreu und sensibel nachgezeichnet hat. Das Universitätsarchiv Paderborn, wo der Nachlass seit 2013 verwahrt wird, kuratiert anlässlich des 100. Geburtstags die Ausstellung „Jenny Aloni. Ein Leben in Deutschland – Palästina – Israel“, die in der gleichnamigen Broschüre dokumentiert wird.

Tagebuch

Die Schriftstellerin Jenny Aloni und ihr Werk sind inzwischen weit über die Universität und Stadt Paderborn hinaus bekannt. Der Nachlass gehört zu den nachgefragtesten Beständen im Universitätsarchiv und hat inzwischen eine zentrale Bedeutung in der deutschen Erinnerungskultur erhalten.